Leitartikel21. April 2021

Super Profit League

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Nachdem am Montag bekannt wurde, daß 12 europäische Fußballklubs eine »Super League« nach US-amerikanischem Vorbild gründen wollen, kochte es nicht nur in den Kommentarspalten, sondern auch in der UEFA-Zentrale im schweizerischen Nyon.

Der neue, von den Klubs selbst geführte Wettbewerb, welcher von der US-amerikanischen Investmentbank JPMorgan lanciert wurde und keinen Auf- und Abstieg hat, wurde von den Verantwortlichen angekündigt, als ein »Wettbewerb im Sinne der Fans«. Doch diese sind auf den Barrikaden, sehen sie doch nach jahrelanger ausufernder Kommerzialisierung den letzten Nagel in den Sarg für ihren Fußball eingeschlagen. Auch die UEFA reagierte am Tag nach der Bekanntgabe scharf und kündigte an, alle teilnehmenden Klubs sowie deren Spieler aus den europäischen Vereinswettbewerben sowie den Nationalmannschaften auszuschließen.

Ehemalige Profis, wie Gary Lineker oder Gary Neville hielten in Interviews Brandreden gegen die schamlose Gier der Initiatoren dieses Projekts. Vereine quer durch Europa gaben kritische Statements ab. Diese »Super League« ist obendrein sportlich wenig super: Ein Teil des Teilnehmerfeldes war für die laufende Saison nicht mal für den Europapokal qualifiziert, andere treibt wohl das Versprechen nach einem goldenen Geldregen an, weil sie im Prinzip pleite sind.

Der Präsident eines dieser Klubs, Florentino Perez von Real Madrid, verkündete gegenüber den Drohungen der UEFA trotzig, man werde aus keinem europäischen Wettbewerb fliegen, nur weil es Leute gebe, die dagegen seien. Er sehe in diesem neuen Wettbewerb »die Rettung des Fußballs«, welcher durch die Pandemie arg gelitten habe. Ein Schlag ins Gesicht von abertausenden Jugend- und Amateurmannschaften, ja sogar von Zweitliga-Profiklubs, die mit ihren Angestellten seit einem Jahr um den Fortbestand bangen, während finanziell völlig disqualifizierte Topklubs schalten und walten, wie sie wollen. Diese neue Liga ist in erster Linie ihre eigene Rettung, um an frisches Geld zu kommen.

Bei allem berechtigten Protest gegen dieses Konstrukt wurde fast übersehen, daß auch die UEFA kein Kind von Traurigkeit ist. Hatte sie nicht nur vor Kurzem die glorreiche Idee, die Nationalelf von Katar in der europäischen WM-Qualifikationsgruppe neben Luxemburg antreten zu lassen, um Werbung für die fragwürdige FIFA-WM in dem Golfstaat zu machen sondern beschloß am Tag nach der »Super League«-Verkündung selbst eine Reform der Champions League, welche im Prinzip den kommerziellen Ausverkauf und die Förderung der Eliten innerhalb der eigenen Strukturen zementieren soll.

Was nun geschehen ist, kann nicht als Einzelfall betrachtet werden, sondern ist nur ein weiterer Schritt des Fußball-Business in Richtung Abkapselung vom Rest der Vereine, um noch mehr Profit zu generieren. Eine Entwicklung, die seit Jahren absehbar war. Allen Boykottaufrufen der Fans zum Trotz wird es wohl so kommen, und ob die UEFA wirklich ihre Drohungen wahr machen wird, Topklubs aus den nationalen Ligen, die dort einen großen Teil der Pay-TV Einnahmen generieren, rauszuwerfen, bleibt abzuwarten. Denn die Vermarktung ist ebenfalls längst auf einem neuen Level. Eintrittsgelder machen bei den Topklubs längst keinen nennenswerten Betrag mehr aus. Vielleicht sind viele Fans nun auch so erbost, weil ihen das moralische Dilemma wie eine Pistole auf die Brust gesetzt wurde, gegen den modernen Fußball zu sein und dennoch jede Woche ihren Erstligaklub anzufeuern.