Leitartikel16. Oktober 2021

Leben in Luxemburg bald unbezahlbar?

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Die aktuellen Sprünge der Energiepreise finden nicht allein in Luxemburg statt. Und doch treffen sie die Menschen hierzulande aktuell besonders hart. Denn noch immer und mit fortschreitender Härte wütet die entfesselte Wohnungsnot, ohne daß die Regierung sich bisher nennenswert dafür interessiert hätte.

Diese Krise in der Krise betrifft nicht nur Menschen, die bezahlbare vier Wände suchen, sondern auch jene, die bereits Miete abdrücken dürfen. Letztere müssen einen immer größeren Teil ihres Einkommens für Wohnen aufbringen, was kleine Löhne und Renten schnell unter Druck setzt, und eine Problemspirale lostritt. Seit vielen Jahren bereits wird hierzulande der soziale Wohnungsbau völlig vernachlässigt und der Wohnungsmarkt von Spekulanten beherrscht, die sich in Luxemburg eine gute Rendite holen wollen aber keine Sekunde Interesse an die Existenzen junger Familien, Rentner oder alleinstehender Mindestlöhner verschwenden.

Das »Recht auf Wohnen«, wie es auch in Regierungskreisen gerne plakativ in den Mund genommen wird, ist in Luxemburg eine Utopie. Um die Lage zu verändern, müßten entsprechende Schrauben angezogen werden, was aber dazu führen würde, daß die Regierung ihrer Klientel aus der Wirtschaft auf die Füße treten müßte. Dabei sollte es doch eigentlich so sein, daß eine gewählte Regierung die Interessen der Allgemeinheit vertritt, und nicht die einer Gruppe von Profiteuren.

Aber aktuell tut sich nicht viel in Richtung einer Entspannung der Lage, und zum Druck hoher Mieten für die Glücklichen, welche bereits eine Mietwohnung ergattern konnten, kommen nun laufend steigende Energiekosten. Eine Mischung, die viele Menschen weiter in Richtung Armut drücken wird, trotzdem sie einer geregelten Arbeit nachgehen. Diese Spirale muß gestoppt werden, weil der soziale Sprengstoff darin erheblich ist.

Der erste Weg zur Entschärfung der Bombe wäre eine neu ausgerichtete Steuer, die es auf der einen Seite unattraktiver macht, Wohnungen und Bauland als Spekulationsobjekte zu sehen und monate- oder jahrelang leer stehen zu lassen und auf der anderen Seite diejenigen entlastet, die ein Stück Land, ein Haus oder Apartment für den Eigenbedarf erwerben oder besitzen, ohne jedoch daraus Profit zu schlagen. Auch die möglichen Steuernachlässe müssen überarbeitet werden, um der Spekulation den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Wie aktuell bereits in anderen Ländern diskutiert oder umgesetzt, muß auch in Luxemburg eine Mietpreisbremse dafür sorgen, daß die monatlich zu entrichtenden Mieten verhältnismäßig sind und beispielsweise an die Lohnentwicklung gekoppelt werden.

Gleichzeitig mit der Umsetzung oben beschriebener Maßnahmen braucht es eine flächendeckende Offensive in Sachen bezahlbarem Wohnraum. Es nützt der Mehrheit der Menschen im Land nichts, wenn alles zugebaut wird, diese Wohnungen für sie jedoch unerschwinglich oder nur unter größten finanziellen Abstrichen bei den restlichen Lebenshaltungsausgaben leistbar sind. Schon jetzt pendeln unzählige Luxemburger jeden Tag von jenseits der Grenze zu ihren Arbeitsplätzen, wie ihre französischen, deutschen oder belgischen Kollegen.

Wohnen im eigenen Land muß bezahlbar werden. Nicht nur weil wie erwähnt, ein Dach über dem Kopf zum Grundrecht werden muß, sondern auch als Baustein einer gerechteren Verteilung des geschaffenen Wohlstands.