Leitartikel21. Juli 2021

Die Regierung hält an den bisherigen Steuer-Ungerechtigkeiten fest

von Ali Ruckert

Den Staatsfinanzen geht es gut, und die Steuereinnahmen brechen inzwischen erneut alle Rekorde. Das geht aus den Ausführungen von Wirtschaftsminister Gramegna in der Sitzung der Finanz- und Budgetkommission und der Budgetvollzugskontrollkommission hervor, welche diese Woche stattfand.

Die Einnahmen des Staates im ersten Halbjahr betrugen elf Milliarden Euro, 24,8 Prozent mehr als während der ersten sechs Monate 2020 und 10 Prozent mehr als im ersten Semester von 2019, also vor der Gesundheitskrise. An direkten Steuern wurden im ersten Habjahr 20215, glatte 2 Milliarden Euro eingenommen und an indirekten Steuern 3,3 Milliarden Euro – deutlich mehr als während der vorangegangenen zwei Jahre.

Die Ausgaben des Staates waren im Krisenjahr 2020 zwar stark angestiegen, gehen inzwischen aber deutlich zurück, und es ist nicht zu erwarten, dass die Staatsschulden an die Marke von 30 Prozent herankommen werden.

Das wäre eigentlich eine gute Voraussetzung, um die Armut zu bekämpfen und Maßnahmen zu ergreifen, um die sozialen Ungleichheiten, die seit einem Jahrzehnt zunehmen und während der Gesundheitskrise noch größer wurden, zu reduzieren.

Vor allem aber sollte die Normalisierung der finanziellen und wirtschaftlichen Entwicklung der Regierung Gelegenheit geben, die versprochene umfassende Steuerreform vorzunehmen und endlich die kleinen und mittleren Einkommensbezieher zu entlasten.

Gegenwärtig sieht es allerdings nicht danach aus, als wolle die Regierung für diese Legislaturperiode noch eine große Steuerreform vorbereiten, so dass die krassen Steuerungerechtigkeiten fortbestehen und das Groß- und Finanzkapital weiter unverschämt niedrige Steuern bezahlen wird, und die Krisengewinner von höheren Steuerabgaben verschont bleiben werden.

Ohnehin ist es eine Illusion glauben zu wollen, diese Regierung sei bereit, die Konzerne und das Finanzkapital höher zu besteuern. Wie zuvor die von der CSV geführten Regierungen senkte auch die Dreierkoalition von DP, LSAP und Déi Gréng die Kapitalsteuern weitere Male und machte bisher keine Anstalten, um das Steueraufkommen von den schmalen Schultern der Schaffenden auf die breiten Schultern des Groß- und Finanzkapitals zu verlagern.

Die LSAP half übrigens sowohl in Regierungen mit der CSV als auch mit der DP und den Grünen dabei, das Kapital zu schonen und nach jeder Krise die Lohnabhängigen zur Kasse zu bitten.

Dass die Zozialisten die Forderung der KPL nach einer Coronasteuer aufgegriffen haben, ändert daran grundsätzlich nichts, denn spätestens dann, wenn sie die nächsten Koalitionsverhandlungen mit der DP oder der CSV führen werden, wird die Coronasteuer über Bord gehen so wie einst die »Reichensteuer« die sie erfunden hatten, um bei den Chamberwahlen zu punkten.

Damit eine Umverteilung über eine verstärkte Besteuerung des Kapitals möglich wird, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens bedarf es einer massiven Stärkung der Kommunistischen Partei durch die Schaffenden, und zweitens einer gewerkschaftlichen Bewegung, die alle Mittel einsetzt, um dem Kapital die Stirn zu bieten und die Regierung, unabhängig von ihrer Zusammensetzung, unter Druck zu setzen.

Soweit bekannt, muss daran noch gearbeitet werden.