Leitartikel19. Oktober 2021

Missbräuche und Diskriminierungen programmiert

Ali Ruckert

Anders als in Luxemburg gibt es in einer ganzen Reihe von Ländern seit langem eine Impfpflicht gegen anstreckende Krankheiten. In Belgien ist das der Fall gegen Kinderlähmung, in Frankreich und Italien gegen Kinderlähmung, Masern, Mumps, Diphtherie, Hepatitis B, Keuchhusten und Röteln. Eine Impfpflicht gibt es vor der Einreise aber auch in Ländern in Afrika, Südamerika und Asien, zum Beispiel gegen Gelbfieber.

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass es in der Deutschen Demokratischen Republik seit den 1950er Jahren eine gesetzliche Impfpflicht gegen Pocken, Kinderlähmung, Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Tuberkulose und ab den 1970er Jahren auch gegen Masern gab, so dass die Krankheitszahlen schnell sanken. Während 1960 in Westdeutschland die Kinderlähmung wütete, waren die Kinder in der DDR seit 1958 weitgehend immunisiert.

Impfen hat sich immer als eine sinnvolle gesundheitspolitische Maßnahme erweisen, als »die« Lösung, um die Bevölkerung gegen anstreckende Krankheiten zu schützen. Diese Erkenntnis hat wohl auch dazu geführt, dass inzwischen auch wegen Corona in manchen Ländern eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen besteht, zum Beispiel in Frankreich für die Beschäftigten aus dem Gesundheitsbereich.

Anders als der chinesische Impfstoff CoronaVac des Herstellers Simovac, was ein klassischer Impfstoff ist, gibt es im Zusammenhang mit den hierzulande und in unseren Nachbarländern genutzten Impfstoffen allerdings Befürchtungen, sie könnten in den Zellkern eindringen und das Erbgut verändern, was bisher in der Praxis wohl nicht beobachtet wurde, aber eine der Hauptursachen dafür sein dürfte, weshalb manche Menschen sich nicht impfen lassen.

Ob es sich um berechtigte Skepsis oder unbegründete Ängste handelt, sei einmal dahingestellt. Jedenfalls gibt es hierzulande keine Impfpflicht, allerdings hat die Regierung nun entschieden, diese praktisch durch die Hintertür und dazu völlig überstürzt einzuführen und die Verantwortung dafür auf die Betriebe und Verwaltungen abzuwälzen.

Damit wurde die Büchse der Pandora für alle möglichen Missbräuche und Diskriminierungen geöffnet, was mit Sicherheit die Spaltung zwischen den Schaffenden noch vergrößern wird und für lange Zeit dazu führten könnte, dass infolge der Uneinigkeit dringend notwendige soziale und arbeitsrechtliche Verbesserungen verhindert werden.

Teil dieser Diskriminierungen wird sein, dass Schnelltests nicht weiter zugelassen sind, während viele Menschen ein Einkommen haben, das es ihnen nicht erlauben wird, alle paar Tage einen teuren PCR-Test zu machen. Sind sie ab sofort dem Risiko ausgesetzt, entlassen zu werden, wenn sie sich, aus welchen Gründen auch immer, nicht impfen lassen?

Da die Regierung sich geweigert hat, den Artikel des Gesetzentwurfs zum Covid-Check zurückziehen, und das Gesetz bereits am Montag durch die Abgeordnetenkammer gepeitscht wurde, ist nicht auszuschließen, dass der Widerstand dagegen zunehmen wird. Die Gewerkschaften haben bereits juristische Schritte und gewerkschaftliche Aktionen angekündigt und der Regierung ein Ultimatum gestellt.

Dabei geht es nicht um das Für und Wider die Impfung gegen Corona, die an sich eine wichtige Form solidarischen  Verhaltens ist, sondern darum, sich gegen die politische Willkür und die Diskriminierung eines Teils der schaffenden Menschen zur Wehr zu setzen. Und das sollte uns alle angehen.