Leitartikel27. November 2021

Ein Tropfen auf den heißen Stein

von Ali Ruckert

Die Vorlage des Staatshaushalts für 2022 wird kommenden Monat in der Chamber debattiert werden, aber bereits heute steht fest, dass das Budget keine Antwort auf die dringenden Probleme der Schaffenden geben wird.

Bekannt ist, dass es, anders als im Regierungsprogramm der Dreierkoalition versprochen, nicht zu einer großen Steuerreform kommen wird. Das heißt, dass die haarsträubenden Ungerechtigkeiten im Steuersystem fortgeführt werden, und dass die Lohnabhängigen weiterhin deutlich mehr Steuern bezahlen werden als das Kapital.

Besonders krass ist, dass die Regierung nicht einmal die Steuertabellen an die Inflation anpassen wird. In der Praxis heißt das, dass mehr Steuern gezahlt werden müssen, so dass die Schaffenden umgehend einen Teil der zum 1. Oktober erfallenen Indextranche über höhere Steuern an den Staat zurückzahlen werden. In anderen Worten: Was mit der einen Hand gegeben wird, wird mit der anderen zurückgenommen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die rasant gestiegenen Energiepreise dazu führen, dass immer mehr Haushalte große Schwierigkeiten haben werden, am Monatsende die beiden Enden zusammen zu bekommen. Das aber scheint die Minister, Abgeordneten und Parteifunktionäre mit den dicken Einkommen kaum zu stören, denn die in der Staatshaushaltsvorlage vorgesehenen Anpassungen sind nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Trotzdem sind die Vorschläge der Gewerkschaften, das Mindesteinkommen, die Teuerungszulage und den Mindestlohn deutlich zu erhöhen, für die Regierungsparteien kein Thema, die Vorschläge der KPL, den Mindestlohn auf 2.574 Euro anzuheben, und einen Mietenstopp einzuführen, erst recht nicht.

Eigentlich überrascht es nicht, dass in der Budgetvorlage keine konkreten Maßnahmen zu finden sind, die es ermöglichen würden, die wachsende Wohnungsnot konsequent zu bekämpfen. Weder der Bau von bezahlbaren Mietwohnungen in umfangreichem Maße hat Eingang in den Staatshaushalt, das teuerste Gesetz des Jahres 2022, gefunden, noch sind darin Spurenelemente von konkreten Maßnahmen zu finden, die dazu führen würden, die Spekulation mit Baugrund und Wohnungen einzudämmen.

Gespart wird nicht nur bei den Sozialausgaben und in der Bildung und der Weiterbildung, sondern auch im Gesundheitswesen wird die bisherige Sparpolitik fortgesetzt, obwohl die Corona-Pandemie noch einmal die verheerenden Folgen einer solchen Politik deutlich macht, zum Beispiel was die chronische Unterbesetzung der Beschäftigten in den Krankenhäusern angeht.

Weitaus großzügiger sind die Neoliberalen, Zozialisten und Olivgrünen, wenn es darum geht, die Armee mit 80 neuen gepanzerten Fahrzeugen auszurüsten und im Dienst der der USA und der NATO Tankflugzeuge, Drohnen, Spionagesatelliten und den Ausbau des Militärlagers in Sanem aus Steuergeldern zu finanzieren, so dass Jahr für Jahr mehr Geld aus dem Fenster hinausgeworfen wird.

Statt der Rekordaufrüstung wäre es natürlich sinnvoll, die Militärausgaben radikal zu kürzen und, wie das die Kommunisten vorschlagen, die eingesparten Gelder in den Bildungs- und Sozialbereich zu investieren. Aber das bleibt Zukunftsmusik, so lange bei der großen Mehrheit der Schaffenden die Erkenntnis nicht da ist, dass nur sie das durchsetzen können.

Über die Kritik an der Budgetvorlage für 2022 hinaus gibt es daher viel zu tun, um das zu ändern.