Luxemburg23. April 2021

Jahresbericht 2020 von Luxinnovation:

Kreislaufwirtschaft regional und digital

von Jean-Marie Jacoby

Das »Groupement d‘Intérêt Economique« Luxinnovation geht zurück auf die Tätigkeit des kürzlich verstorbenen Paul Helminger, der 1984 DP-Staatssekretär war. Damals spendierte die LSAP-DP-Regierung für den Aufbau im ersten Halbjahr 2,5 Millionen Franken. Seither ist viel Wasser die Mosel hinunter geflossen und der Tätigkeitsbereich des GIE hat sich vergrößert und die Belegschaft auch. Mit dabei sind das Wirtschaftsministerium, das 85,1 Prozent des Budgets beisteuert, das Forschungsministerium, das 5,9 Prozent spendiert, und die Fedil, die Handels- sowie die Handelskammer, die noch 4,8 Prozent beitragen zu einer Bilanzsumme von knapp über 10 Millionen Teuro, denn der LUF ist Geschichte. 3,5 Prozent kommen übrigens aus EU-Programmen, 0,7 Prozent aus »anderen Quellen«.

Luxinnovation versteht sich laut Direktorin Sascha Baillie als Dienstleister für die Betriebe, die übrigens diese Dienstleistung gratis erhalten. Wirtschaftsminister Fayot, der die Wirtschaft am Ende der gestrigen Pressekonferenz eindringlich dazu aufrief, die Angebote zu nutzen, wird folglich sicher Gehör finden.

Dies umso mehr als das GIE  darin spezialisiert ist, als Türöffner zu nationalen wie EU-Mitteln zu dienen. Für 18 Klein- und Mittelbetriebe konnten so 11 Mio. von der EU im Rahmen derer »Horizont 2020«-Projekte locker gemacht werden. Das sind zwar nur 19,57% Erfolgsrate für aus Luxemburg eingereichte Projekte, aber das ist die dritthöchste Rate aller EU-Mitgliedsländer. Darauf ist Sascha Baillie ganz besonders stolz.

Franz Fayot als aktueller LSAP-Wirtschaftsminister hingegen ist stolz auf 35 Mio. die den Betrieben für Masken, Gel und Ähnliches als Subvention zuflossen, wobei dafür die Antragstellung am 31. Mai endet. Die Neustart-Hilfen für Digitalisation, Kreislaufwirtschaft und umweltfreundliche Prozesse, wo sich die Subventionierung bisher auf 62 Millionen beläuft, sollen mit einem Nachtragsgesetz so verlängert werden, daß Anträge bis 31. Oktober möglich werden, wobei ein Betrieb dann statt bisher 800.000 Euro satte 1,8 Millionen maximal erhalten können soll. Die Großen wird‘s freuen.

Von der Krise profitieren

Sasha Baillie betonte, aus Krisen ergäben sich immer Opportunitäten, also günstige Gelegenheiten. Die Krisenverlierer werden mit den Zähnen knirschen – bei den Betrieben wie bei den Lohnabhängigen, die arbeitslos wurden oder immer noch in Kurzarbeit sind.

Fragt sich was diese günstigen Gelegenheiten sein sollen, denn da wurde die Direktorin – t‘schuldigung, sagt kein Mensch mehr, das heißt natürlich CEO – nicht besonders deutlich. Kann sein, das ist ein Geschäftsgeheimnis. Jedenfalls sollen »die Konsumenten«, wer auch immer das ist, »nachhaltigere Produkte nachfragen«, was auch immer das sein soll. Die Frage wurde nicht vertieft, obwohl es spannend wäre zu erfahren, ob es nicht einfach so ist, daß die Menschen nach Dingen suchen mit einer längeren Lebenszeit, weil ihr Geld knapper wurde.

Luxinnovation jedenfalls wolle die Betriebe zur Digitalisation, zur Zirkularität und zu regionaleren und damit sichereren Lieferketten anspornen, »um Vorreiter zu werden«. Das GIE sei eine Brücke zwischen Betrieben und Forschung, und bei der Digitalisierung gehe es um »die holistische Nutzung der Daten«.

Ganzheitlich hätte weniger geschwollen geklungen, aber vielleicht sollen wir ja gar nicht begreifen, daß es nicht nur darum geht, möglichst viele Daten über die werte Kundschaft zu sammeln, sondern dann im Profitinteresse das Gesammelte bis zum letzten Bit auszuquetschen. Tatsächlich wird als Beispiel einer Startup ein »Spinoff« der Uni präsentiert, das mit einem türkischen Mode-Produzenten zusammenarbeitet, und Geld von der EU, dem Luxemburger und dem türkischen Wirtschaftsministerium locker gemacht hat, und das Computer-Programme verkauft, die es leichter machen Informationen aus Datenbanken rauszuziehen.

Daß dieses Spiel nicht besonders regional ist, fällt wahrscheinlich nur uns auf. Ist aber egal, denn tatsächlich geht es nur um »nachhaltigere« Profite, die hübsch aufgemacht als »Einkommen« verkauft werden.

Zumindest die Luxinnovation läuft nicht dem Traum der Luxemburger oder großregionalen Autarkie hinterher, wie unsere Nachfrage zu den »regionaleren und damit sichereren Lieferketten« ergab. Es ist das eher der Versuch, das regionale Angebot mit der regionalen Nachfrage besser zu verbinden, damit nicht beide entweder in der Ferne bestellen oder in die weite Welt liefern.

So sei eine digitale Plattform im Holzbereich geschaffen worden, die erfasse, was es an Holz im Wald oder vom Abriß am Bau lokal und regional gibt, um das mit der Materialnachfrage zusammen zu bringen. Dasselbe gelte für Stahl oder Glas, und auch die EPI-Plattform für Covid-Material sei ein solches Beispiel. Klarerweise gehe nicht alles lokal oder regional, betonte Sascha Baillie, es gehe aber mehr als bisher.

Lockvogel mit Erfolg

Luxinnovation ist nicht nur Dienstleister für Betriebe, die es schon gibt, denn es wird auch versucht, Betriebe aus dem Ausland anzulocken. Das heißt hochtrabend »softlandings for international corporations«. 2020, wo weltweit die Investitionen in der Wirtschaft halbiert wurden, wie es in einem Nebensatz hieß, sei das schwieriger als jemals zuvor gewesen. Tatsächlich ist es aber gelungen, aus 50 Interessenten 10 dazu zu bringen, wirklich ins Land zu kommen. 2019 waren es 19, umso stolzer ist Luxinnovation fürs Ergebnis, das 2020 leicht über den 50 Prozent lag.