Ausland16. November 2021

Auslands-Nachrichten

Politik der Spannungen

Die Außenminister der EU-Staaten haben ein neues »Sanktionsinstrument« gegen Belarus beschlossen. Die EU werde Personen und Einrichtungen ins Visier nehmen können, »die einen Beitrag dazu leisteten, daß das belarussische Regime Menschen für politische Zwecke instrumentalisieren« könne. Das neue »Sanktionsinstrument« soll unter anderem gegen Fluggesellschaften eingesetzt werden können, die Menschen »zur Weiterschleusung« in die EU nach Belarus fliegen.

Damit verschärft die EU ihre Politik der Spannungen, statt nach Gesprächen und einer Entspannung zu suchen. Der Führung von Belarus wird vorgeworfen, »gezielt Migranten ins Land zu holen«, um sie dann zur Weiterreise in die EU an die Grenze zu Polen, Litauen und Lettland zu bringen. Dem von Politikern und Medien als »Machthaber« bezeichneten Präsidenten Alexander Lukaschenko wird vorgeworfen, er wolle sich damit für Sanktionen der EU rächen.

Seitdem Polen, Lettland und Litauen die EU-Außengrenze abriegeln, ist die Situation im Grenzgebiet äußerst angespannt. Tausende Menschen aus Ländern wie Syrien oder dem Irak warten auf eine Chance, die Grenze zur EU zu überqueren. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt harren Tausende Migranten seit Tagen auf der belarussischen Seite der Grenze zu Polen im Wald aus. Entgegen dem Völkerrecht wird den Flüchtlingen durch die drei EU-Staaten und die Führung der EU der Weg zu einem ordentlichen Asylverfahren verwehrt.

 

Ex-Premier vor Berufungsgericht

Die französische Justiz rollt den Prozeß um Scheinbeschäftigung gegen den ehemaligen französischen Premierminister François Fillon neu auf. Am Montag begann in Paris der Berufungsprozeß um die Anstellung von Fillons Frau Penelope. Im Juni vergangenen Jahres war der Ex-Premier in der Sache zu fünf Jahren Gefängnis, davon drei auf Bewährung, verurteilt worden. Fillons Frau Penelope war jahrelang als parlamentarische Mitarbeiterin in der Nationalversammlung angestellt. Das Gericht in erster Instanz sah dies als Scheinbeschäftigung an.



Sieg für USA bei Neuwahl in Bulgarien

»Anti-Korruptions-Partei« erhält ein Viertel der Wählerstimmen

Sofia – Zwei bulgarische Absolventen der US-amerikanischen Eliteuniversität Harvard konnten in der Wahlnacht ihre Freude kaum verbergen. Denn ihre neu gegründete Partei »Wir führen den Wandel fort« (PP) gewann am Sonntag bei schwacher Wahlbeteiligung mit rund 25 Prozent die dritte Parlamentswahl in Bulgarien in diesem Jahr. Der »Anti-Korruptions-Partei« der früheren Interims-Minister Kiril Petkow und Assen Wassilew werden nun gute Chancen eingeräumt, nach einem monatelangen Patt eine Koalitionsregierung in Sofia zu bilden.

Die von Korruptionsvorwürfen belastete bürgerliche GERB des im April abgewählten Regierungschefs Boiko Borissow landete amtlichen Zwischenergebnissen zufolge mit 22 Prozent auf Platz zwei. Insgesamt sieben Parteien, unter ihnen eine rechts-nationalistische, dürften ins neu gewählte Parlament einziehen.

»Bulgarien schlägt einen neuen Weg ein«, verkündete der PP-Co-Vorsitzende Kiril Petkow in der Wahlnacht. Die PP wolle Gespräche mit anderen Parteien aufnehmen. Eine Zusammenarbeit mit Borissows GERB und der Türkenpartei DPS schloß Petkow, der als Kandidat für den Posten des Regierungschefs gilt, aus.

Das in den Medien als »ärmstes EU-Land« bezeichnete Bulgarien sucht seit Monaten eine handlungsfähige Regierung. Es steht vor Bergen von Problemen wie etwa eine heftige vierte Corona-Welle, steigende Energie-Preise, drohende Wirtschaftskrise.

Staatspräsident Rumen Radew kündigte gleich am Tag nach der Wahl an, er wolle das Parlament in kürzester Zeit einberufen. »Ich hoffe, die Parteien werden dieses Mal ihre Differenzen überwinden (...) und wir eine stabile Mehrheit haben, die eine Regierung formiert«, sagte er.

Rumen Radew strebt eine Wiederwahl an, da seine Amtszeit als Staatschef Anfang Januar 2022 endet. Er gewann zwar mit gut 49 Prozent die erste Runde der Präsidentenwahl am Sonntag, doch eine Stichwahl soll entscheiden, ob er weitere fünf Jahre im Amt bleibt. Radews Herausforderer ist der mit rund 22 Prozent zweitplazierte Rektor der Universität Sofia, Anastas Gerdschikow.

Der Wahlsieg der Radew nahestehenden Anti-Korruptions-Partei hatte verheerende Folgen für das restliche Anti-Borissow-Lager. Die Partei ITN von Entertainer Slawi Trifonow, die die Wahl im Juli gewonnen hatte, kam jetzt mit 9,7 Prozent auf Platz fünf. Auch die Sozialisten erlitten mit gut 10 Prozent eine schwere Niederlage. Der Co-Chef von »Demokratisches Bulgarien«, Hristo Iwanow, trat nach einem enttäuschenden Wahlergebnis von nur 5,9 Prozent zurück. Und die lautstarke Protestpartei »Richte dich auf BG! Wir kommen!« bleibt mit 2,2 Prozent außerhalb des Parlaments.

 

Niederlage für Regierung in Argentinien

Präsident Fernández wirbt für breiten Konsens

Buenos Aires – Die Regierung von Präsident Alberto Fernández hat bei der Parlamentswahl in Argentinien eine Niederlage hinnehmen müssen. Das Bündnis »Frente de Todos« (»Front aller«) kam nach Auszählung fast aller Stimmen am Montag auf gut 33 Prozent – ein Minus von rund zwölf Prozentpunkten im Vergleich zur Wahl vor zwei Jahren. Die konservative Bewegung »Juntos por el Cambio« (»Gemeinsam für den Wandel«) konnte sich leicht auf fast 42 Prozent verbessern. Viele Wähler waren nach Einschätzung von Kommentatoren mit der schlechten Wirtschaftslage und den Grabenkämpfen in der Regierung unzufrieden.

Damit verlieren Fernández' linke Peronisten erstmals seit der Rückkehr zur bürgerlichen Demokratie 1983 die Mehrheit im Senat. Um Gesetze verabschieden zu können, ist die Regierungskoalition künftig auch auf Stimmen aus dem Lager der Opposition angewiesen. Die Wahl, bei der die Hälfte der Abgeordneten und ein Drittel der Senatoren neu bestimmt wurde, galt auch als Stimmungstest für die Regierung Argentiniens. 2023 steht die nächste Präsidentenwahl an.

Staatschef Fernández warb gleich nach der Schließung der Wahllokale am Sonntag (Ortszeit) für ein breites Bündnis, um die drängenden Probleme des südamerikanischen Landes zu lösen. »Wenn wir die Herausforderungen meistern wollen, brauchen wir einen Konsens mit großen Mehrheiten«, sagte er in einer Ansprache. »Heute beginnt der zweite Teil unserer Amtszeit, und die Argentinier brauchen eine Perspektive. Wir haben ein Recht auf Hoffnung.«

Das 45 Millionen Einwohner zählende Land steckt in einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Inflationsrate liegt bei über 50 Prozent, die Landeswährung Peso gibt gegenüber dem Dollar immer stärker nach. Inzwischen leben 42 Prozent der Bevölkerung des einst reichen Landes unter der Armutsgrenze.

Eines der drängendsten Probleme während des zweiten Teils der Amtszeit von Präsident Fernández dürfte die massive Schuldenlast sein. Argentinien steht allein beim Internationalen Währungsfonds (IWF) mit etwa 44 Milliarden US-Dollar in der Kreide. Im kommenden Jahr müßten rund 19 Milliarden Dollar getilgt werden.

 

 


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