Leitartikel06. November 2021

Die Energiepreise deckeln!

Ali Ruckert

Die Energiemärkte spielen verrückt, die Preise für Gas- und Strom explodieren, und die Lohnabhängigen und Rentner, denen dieser Tage Bescheide für Vorauszahlungen für Gas und Strom ins Haus flattern, müssen deutlich tiefer in die Tasche greifen als bisher, vorausgesetzt, sie wollen im Winter nicht im Kalten sitzen.

Schuld an dieser Misere seien die Russen, die den Daumen auf dem Gas hätten, ist eines der Vorurteile, die während der vergangenen Monate immer wieder verbreitet wurden und die von den wahren Hintergründen ablenken und die anti-russische Stimmung, derer sich die Herrschenden in der Europäischen Union bedienen, weiter anheizen sollen.

Weil Naturgas grundsätzlich nicht knapp ist, und die Russen nicht im Entferntesten daran denken, den Hahn zuzudrehen, sondern mit Nord Stream 2 sogar eine neue Pipeline bauten, um die Gastversorgung abzusichern, kann die beabsichtigte Volksverdummung nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Preisexplosionen im Energiebereich ganz andere Gründe haben.

Dazu zählt, dass Gasversorger seit längerem nur wenig Gas auf Vorrat einkauften, und die Gasspeicher nicht aufgefüllt wurden, als das Gas billig war.

Nun könnte man fragen, wie einer so dumm sein kann, doch in diesem Fall geht es nicht um Dummheit oder einen Mangel an Organisation, sondern um Spekulation.

Früher, als das Finanzkapital noch nicht die Regeln auf dem Energiemarkt diktierte, wurde Gas praktisch nur langfristig eingekauft. Das hat sich seither grundlegend geändert, so dass inzwischen selbst öffentliche Energieunternehmen dazu übergangen sind, einen immer größeren Teil des Gases kurzfristig auf dem Spotmarkt zu kaufen und sich gänzlich den Spekulanten auszuliefern.

Während der Corona-Pandemie war der Preis für kurzfristig lieferbare Gasmengen sehr billig und damit ein profitables Geschäft für die Gasgesellschaften. Doch sie verspekulierten sich, denn ein Jahr später gingen die Preise für kurzfristig lieferbare Gasmengen durch die Decke. Wie im real existierenden Kapitalismus üblich, werden dann die Schaffenden zur Kasse gebeten.

Da hierzulande langfristige Lieferverträge immer noch die Regel sind, und daher die Gasspeicher eigentlich voll sein müssten (es sei denn, es wurde trotz der Lieferverträge zu wenig Gas auf Vorrat gekauft), darf man sich fragen, ob die drastische Erhöhung der Verbraucherpreise um durchschnittlich 70 Prozent überhaupt gerechtfertigt ist. Jedenfalls sind die höheren Gaspreise, aber auch die Preiserhöhungen für Strom und Heizöl eine große Belastung für die Schaffenden und Rentner.

Das trifft nicht nur auf die einkommensschwachen Haushalte, sondern auf die große Mehrheit der Schaffenden und Rentner zu, die infolge der höheren Energiepreise auch beim Kauf von Lebensmitteln und anderen Waren des täglichen Gebrauchs tiefer in die Tasche greifen müssen, so dass ihre Indextranche schnell aufgebraucht ist und ihre Kaufkraft weiter zurückgehen wird.

Angesichts dieser Entwicklung wird es nicht genügen, die Teuerungszulage für die finanziell schwachen Haushalte zu erhöhen, wie das, wenn auch in ungenügendem Maße geschehen ist, sondern es ist notwendig, Maßnahmen zu ergreifen, um generell den von den höheren Energiepreisen provozierten Rückgang der Kaufkraft zu stoppen.

Eine Deckelung der Energiepreise, wie sie die Kommunistische Partei und der Konsumentenschutz fordern, könnte dazu beitragen, den Kaufkraftverlust zu stoppen.

Die Regierung ist dringend gefordert.