Luxemburg20. Januar 2022

Aus dem Differdinger Gemeinderat

Sie verwalten die Armut, statt sie zu beseitigen

von Nik. Muller

Einstimmig verabschiedete der Gemeinderat am Mittwoch das Vereinbarungsprotokoll über den Kollektivvertrag für 2.000 Lohnabhängige aus den Südgemeinden. 

Sozialer Fortschritt kollektivvertraglich abgesichert

Dass die Verhandlungen über die Erneuerung des Kollektivvertrags, der für die Zeit vom 1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2021 gilt, drei Jahre dauerten, führte Bürgermeisterin Christiane Brassel-Rausch weitgehend auf die Coronakrise zurück.

Das sei aber nur die halbe Wahrheit, konterte der kommunistische Rat Ali Ruckert, der daran erinnerte, dass die Vertreter der Gemeinden sich lange Zeit geweigert hatten, über alle gewerkschaftlichen Forderungen zu reden und sich im Vorfeld der Verhandlungen darauf festgelegt hatten, dass das Verhandlungsresultat ein Prozent der Gesamtlohnkosten nicht übersteigen dürfe.

Der gewerkschaftliche Druck, den insbesondere der OGBL ausübte, führte schließlich dazu, so der KPL-Rat, dass zahlreiche Verbesserungen erzielt wurden, so dass der historische soziale Fortschritt, der den Kollektivvertrag der Südgemeinden kennzeichnet, fortgesetzt werden konnte.

Solidaritätszulage erhöht

Gleichfalls einstimmig vom Gemeinderat votiert wurde die Erhöhung der kommunalen Solidaritätszulage, die sich an die staatliche Teuerungszulage anlehnt. Für 2022 wird die Solidaritätszulage 826 Euro für eine Person, 1032 Euro für zwei Personen, 1.239 Euro für drei Personen, 1.445,50 Euro für vier Personen und 1.652 Euro für mehr als vier Personen betragen.

Für die KPL begrüßte Ali Ruckert die erneute Erhöhung. Er machte aber gleichzeitig darauf aufmerksam, dass sie angesichts der massiven Preiserhöhungen schnell aufgebraucht sein wird. Wer 500 Liter Heizöl bestellt, muss 150 Euro mehr auf den Tisch blättern als vor einem Jahr, zahlreiche Lebensmittel wurden teurer, die CO2-Steuer auf Energieprodukten wurde zum 1. Januar 2022 erhöht, aber die Steuertabelle wurde nicht an die Inflation angepasst.

Er warf der Gemeindeführung und der Regierung vor, die Armut zu verwalten, statt zu beseitigen. An die Regierungsparteien DP, LSAP und Gréng gerichtet, deren Parteigänger bekannt auch im Differdinger Gemeinderat sitzen, forderte er eine Erhöhung des Mindestlohnes und der Mindestrente, sowie eine Deckelung der Energiepreise, was die Regierungsparteien allerdings ablehnen.

»Gulliver Tower« für 12 Millionen Euro gekauft

Bei der Abstimmung über die notarielle Urkunde betreffend den Kauf des »Gulliver Tower« in der Großstraße in Differdingen für 12 Millionen Euro, enthielten sich sämtliche Oppositionsräte. Hotel und Restaurant mussten Konkurs anmelden, und die gesamte Einrichtung wurde anschließend kurz und klein geschlagen. Eine polizeiliche Untersuchung läuft.

Der kommunistische Rat Ali Ruckert schloß nicht aus, dass es sich bei dem Geschäftshaus um die Fehlinvestition beziehungsweise das Spekulationsobjekt einer Privatgesellschaft handelt, die durch den Verkauf des Gebäudes nun doch noch eine hohe Rendite erziele. Seinen Vorschlag, gleichzeitig mit der Annahme des notariellen Aktes den prinzipiellen Beschluß zu fassen, in dem Gebäude Seniorenwohnungen einzurichten, nahm der schöffenrat nicht zur Kenntnis.