Leitartikel30. Oktober 2021

Eine echte Herausforderung

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Der »Klub der Reichen«, die Versammlung der sogenannten 20 wichtigsten Industriestaaten, trifft sich an diesem Wochenende unter verstärktem militärischem Schutz in der italienischen Hauptstadt. Italiens Regierung hat die Sicherheitsvorkehrungen in Rom über das übliche Maß hinaus verstärkt, denn es ist offensichtlich, daß nicht alle Staats- und Regierungschefs beim Volk wirklich beliebt sind.

Unmut könnte sich jedoch vor allem breitmachen, weil nicht zu erwarten ist, daß die Teilnehmer dieses Treffens – die sich wie eine Weltregierung gebärden, die sie jedoch mangels Legitimation gar nicht sind – am Ende irgendetwas verkünden, was unsere Welt auch nur ein klein wenig besser machen würde.

Im Voraus bekannt wurde, daß die G20 auf Vorschlag ihrer Finanz- und Gesundheitsminister eine »Arbeitsgruppe zum besseren Kampf gegen die Pandemie« einsetzen wollen – frei nach dem alten Motto »Wenn man mal nicht weiter weiß, gründe man einen Arbeitskreis«.

Was soll eine solche Arbeitsgruppe bringen, außer neue Spesen auf Kosten der Steuerzahler? Nichts! Denn es gibt eine Organisation der Vereinten Nationen (UNO), die wiederum hat eine Spezialorganisation namens Weltgesundheitsorganisation (WHO). Dort finden sich die Experten zum Thema Pandemiebekämpfung. Und diese Leute waren in den vergangenen anderthalb Jahren nicht untätig. Sie haben nicht nur profunde Studien geliefert, sondern Anstrengungen unternommen, den Kampf gegen die Pandemie zu koordinieren, ein wenig Gerechtigkeit und Fairness durchzusetzen.

Dabei geht es vor allem um die Bereitstellung von Medikamenten, aber auch um den Austausch von Kenntnissen und Erfahrungen bei der Pandemiebekämpfung. Seit langer Zeit verkündet die WHO bei jeder passenden Gelegenheit, daß eine Impfrate von mindestes 60 Prozent ein wichtiger Meilenstein wäre, um der Krise Herr zu werden. Allerdings sorgen einige der G20 dafür, daß das auf absehbare Zeit nicht funktioniert, indem Patente für Impfstoffe nicht freigegeben werden, so daß die Staaten der Welt hohe Geldsummen aufbieten müssen, um sich die Vakzine überhaupt leisten zu können.

Während die Chefin der EU-Kommission erst vor wenigen Wochen verkündete, die Politik der EU in der Gesundheitskrise sei »eine Erfolgsgeschichte«, liegen selbst etliche der ärmeren EU-Länder wie Bulgarien und Rumänien bei einer Quote von deutlich unter 30 Prozent…

Am Donnerstag kritisierte die WHO erneut die bisher ungleiche Verteilung von Impfstoffen, und erklärte, für die Versorgung der Weltbevölkerung mit Impfstoffen und Medikamenten gegen Covid-19 seien bis September 2022 weitere 20 Milliarden Euro nötig.

Leider ist nicht zu erwarten, daß die G20 an diesem Wochenende diese 20 Milliarden Euro (23,4 Milliarden Dollar) aufbringen werden, lieber stecken sie Geld in eine Arbeitsgruppe, an der die Länder, die Hilfe am nötigsten brauchen, nicht beteiligt werden.

Vor allem aber verpulvern diese Staaten riesige Summen für Rüstung und Krieg. Im Jahr 2020 betrugen die weltweiten Militärausgaben etwa 1,981 Billionen Dollar – rund zweitausend (!) Milliarden Dollar, Tendenz steigend, und die G20 sind fast alle in der Spitzengruppe zu finden.

Eine echte Herausforderung dürfte also nicht darin bestehen, jetzt möglichst bald eine Zukunft im Militärdienst zu suchen, sondern von unserer Regierung die Einstellung der Rüstungsprojekte und eine massive Kürzung des Militärhaushalts zu fordern.